Autoimmunerkrankungen der Niere

Die folgenden Informationen zu den Autoimungerkrankungen der Niere sollen lediglich einen Überblick liefern, dienen jedoch auf keinen Fall dazu, eine Eigendiagnose zu stellen. Um eine frühzeitige Diagnose der Nierenerkrankung stellen und daraufhin die für Sie passende Behandlungsmethode auswählen zu können, vereinbaren Sie bitte schnellstmöglich telefonisch einen Termin bei uns unter 0421 – 342045.

Autoimmunerkrankungen der Niere und deren Krankheitsbilder

Autoimmunerkrankungen der Niere sind Entzündungsreaktionen, deren Ursache fehlgeleitete Immunreaktionen gegen körpereigenen Strukturen sind. Diese Erkrankungen des körpereigenen Abwehrsystems betreffen dabei häufig die Nieren in Form einer Nierenkörperchenentzündung, die daraufhin zu Nierenversagen führen kann. Wir Nephrologen behandeln folgende Autoimmunerkrankungen:

IgA-Nephritis/IgG4-Nephritis

Die IgA-Nephritis, auch Morbus Berger genannt, ist sicherlich die häufigste Glomerulonephritis-Form, dessen letztendliche Ursache für das Einlagern des Immunglobulins IgA bis heute meist unklar ist. Jedoch ist sie oft sporadisch nach einer Atemwegsinfektion erkennbar (mit blutigem Urin) und erscheint überwiegend genetisch bedingt. Urin- und Blutuntersuchungen führen dann oft zur Notwendigkeit einer ambulanten Nierenpunktion, um die Diagnose sicher stellen zu können.

Harmlosere Varianten können einfach mit hocheffektiven spezifisch wirksamen Blutdruck-Medikamenten (ACE-Hemmer und AT1-Blocker) behandelt werden und die dann meist eintretende Besserung der Urin-Auffälligkeiten abgewartet werden. Entscheidend für die Prognose ist das Ausmaß der Besserung einer Eiweißausscheidung im Urin (Proteinurie), jedoch werden immer noch einige wenige dieser Patienten dialysepflichtig.

Die IgG4-Nephritis ist Teil einer neu entdeckten Gruppe immunologischer Systemerkrankungen, bei denen sich auch tumorartige „gutartige“ Läsionen bilden können. Besonders häufig sind dabei die Nieren (hier selten „Tumoren“) und die Bauchspeicheldrüse sowie die Gallengänge/Leber/ Schilddrüse betroffen.

Bei einigen Patienten entwickelt sich die Erkrankung jahrelang ohne Symptome, bei anderen Patienten wiederum kommt es häufig zu starkem Gewichtsverlust. Eine definitive Diagnose ist bei dieser Erkrankung schwierig, jedoch gilt die Diagnose als gesichert, wenn charakteristische Organschwellungen, ein erhöhter IgG4-Spiegel und bestimmte charakteristische Merkmale in der Histologie vorliegen – bei der Niere eine diffuse IgG4-Positivität in der Histologie. Eine Therapie in Form von Medikamenten und Substanzen wird dann nötig, wenn lebensnotwendige Organe (wie die Nieren) betroffen sind.

RPGN (rasch progrediente Glomerulonephritis)

Die Glomerulonephritis ist eine Entzündung der Nierenkörperchen, die rasch fortschreitet und unbehandelt innerhalb weniger Tage oder Wochen zu einer terminalen Niereninsuffizienz führen kann. Diese kann jedoch durch eine rechtzeitige Diagnose und Therapie abgewendet werden.

Zu den häufigsten Formen von Autoimmunerkrankungen der Niere mit RPGN zählen die Erkrankungen Kleingefäß-Vasculitis/Anti-MPO-Vasculitis, Morbus Wegener, das Goodpasture-Syndrom sowie der systemischer Lupus erythematodes (SLE), welche im Folgenden noch genauer beschrieben werden.

Die Symptomatik ist häufig unspezifisch, da Leiden wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Einschränkung der Leistungsfähigkeit und Fieber auftreten können. Jedoch können selten auch spezifischere Symptome wie dumpfe Schmerzen in der Nierengegend, Bauchschmerzen mit blutigem Stuhl und Beschwerden im HNO-Bereich vorliegen.

Die Diagnostik erfolgt u. a. mittels Anamnese (Krankengeschichte), der körperlichen Untersuchung (insbesondere der Haut), Sonographie, dem nephritischen Urinsedimentbefund, Blutuntersuchungen auf Antikörper und zumeist einer Nierenbiopsie, deren Ergebnis nach 4 h vorliegen kann, da es sich um den klassischen nephrologischen Notfall handelt. Der therapeutische Ansatz beinhaltet u. a. Immunsuppressiva ggf. eine akut notwendige Plasmapherese.

UNTERFORMEN:

 

Vaskulitis (Kleingefäß-Vasculitis/Anti-MPO-Vasculitis)

Bei einer Vaskulitis greift das Immunsystem die Blutgefäße an und löst eine Gefäßentzündung aus. Dabei können verschiedene Gefäße betroffen sein sowie davon abhängige Organschäden entstehen. Auch hier wird zwischen verschiedenen Varianten unterschieden. So ist die Ursache einer primären Vaskulitis meist unbekannt, während eine seltenere sekundäre Vaskulitis durch Erkrankungen wie Krebs oder Virusinfektionen oder durch Medikamente ausgelöst werden kann.

Zu den Symptomen gehören u. a. eine sog. „B-Symtomatik“ mit Fieber, ungewolltem Gewichtsverlust und Schwäche, aber auch (je nach Vaskulitis-Form) Atemnot, Bluthusten, Einblutungen in die Haut und Organinfarkte. Diagnostiziert wird die Erkrankung u. a. durch Gewebeproben (meist aus den Nieren) und MRT-, CT-, Röntgen- oder Ultraschall-Verfahren. Therapiert wird die Erkrankung meist durch Medikamente (Immunsuppressiva) sowie seltener durch Plasmaaustausch oder auch Immunapheresen.

Morbus Wegener (Anti PR3-Vasculitis)

Die Erkrankung Morbus Wegener (oder Wegnersche Granulomatose mit Polyangiitis) ist eine chronische Entzündung der Blutgefäße, bei der sich auch knotenartige entzündliche Tumoren (sogenannte Granulome) vor allem in der Lunge und dem Nasen-Rachen-Raum bilden können. Die Symptome entwickeln sich im Laufe der Erkrankung meist immer weiter. Dabei können auch allgemeine Symptome wie Fieber, Gewichtsverlust und Schwächegefühl („B-Symtomatik“) vorangehen.

Während zu Beginn meist der Hals-Nasen-Ohren-Bereich in Form von blutigem Schnupfen, Mittelohrentzündungen und Schmerzen im Kiefer- oder Stirnbereich (Nasennebenhöhlenentzündungen) betroffen ist, greift die Erkrankung unbehandelt auf weitere lebenswichtige Organe über. Dabei entstehen Entzündungen an der Haut, in der Lunge, dem Nervensystem und besonders in den Nieren. Dort entzünden sich Nierengefäße, was zu sichtbaren Blutspuren im Urin, Bluthochdruck und Wassereinlagerungen im Gewebe führt.

Zur Abklärung der genauen Diagnose von Autoimmunerkrankungen der Niere wird auch hier der Nachweis eines spezifischen Antikörpers (c-ANCA, Anti-PR3) im Blut erhoben. Es handelt sich um den klassischen nephrologischen Notfall, sodass eine Nieren-Gewebeprobe noch am gleichen Tag entnommen und z.B. in der Uni-Klinik Hannover (MHH) noch am gleichen Tag ausgewertet wird, um umgehend eine Nieren- und lebensrettende Therapie einzuleiten.

Um die Erkrankung Morbus Wegener zu behandeln, gibt es verschiedene Therapieansätze. Meist ist eine aggressive immunsuppressive Kombinationstherapie ggf. auch mit Plasmapheresen notwendig. Wenn die Krankheit frühzeitig erkannt und behandelt wird, kann einer Ausbreitung der Entzündungen vorgebeugt werden, wodurch auch eine Rückbildung der Symptome und eine Wiederherstellung der Nierenfunktion möglich ist. Jedoch kann die Erkrankung auch später nach Remission wiederkehren und muss dann erenut behandelt werden. Unbehandelt führt die Morbus Wegener mit RPGN innerhalb kurzer Zeit zum terminalen Nierenversagen und bei Lungenbeteiligung meist zum Tod.​

Lupus erythematodes/Lupus-Nephritis

Bei dem Lupus erythematodes (übersetzt „Rötung im zentralen Gesichtsbereich“), welche häufiger bei Frauen auftritt, greift das Immunsystem körpereigene Zellstrukturen an. Die Krankheit kann sich auf die Haut beschränken, jedoch auch die inneren Organe betreffen (systemischer Lupus erythematodes, sog. SLE).

Dabei treten typische Symptome wie Nierenentzündungen und Gelenkschmerzen auf. Die vermutete Ursache der Autoimmunerkrankungen der Niere ist eine Störung des Immunsystems bei unbekanntem Auslöser. Untersuchungen des Blutes und der inneren Organe geben Aufschluss über die Diagnose. Das Zielorgan sind in schweren Fällen die Nieren.

Die Erkrankung wird medikamentös mit Immunsuppressiva und Anti-Körper-Infusionen behandelt. Als Folge der systemischen Lupus erythematodes tritt häufig die sogenannte Lupus-Nephritis auf, bei der es sich um eine Entzündung der Nieren handelt. Bei der Lupus-bedingten Entzündungsreaktion können sich die Symptome u. a. in einer Niereninsuffizienz, einer Proteinurie (erhöhten Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) und Bluthochdruck manifestieren. Die verschiedenen Lupus-Antikörper bedingten Entzündungsformen wirden durch eine Nierenbiopsie abgeklärt und eingeteilt und je nach Klassifizierung der Erkrankung mit verschiedenen immunsuppressiven Ansätzen behandelt.​

Goodpasture-Syndrom (Anti-GBM-RPGN)

Bei der eher seltenen Autoimmunerkrankung Goodpasture-Syndrom werden meist schlagartig Teile der Lunge und die Basalmembran meist gleichzeitig aller Glomerula der Nieren angegriffen und rasch zerstört. Da die Lunge nicht immer betroffen ist (Bluthusten bei Rauchern), sondern überwiegend eine Entzündung der Nierenkörperchen entsteht, handelt es sich auch hier um eine Glomerulonephritis ggf. mit Lungenbeteiligung und zwar die am schnellsten zum Tode führenden rapid-progressiven Glomerulonephritis („RPGN“).

Begünstigt wird diese Erkrankung durch vorherige Lungenerkrankungen wie dem Rauchen oder einer vorherigen Kohlenwasserstoff-Vergiftung (Kohlenwasserstoffexposition). Die Erkrankung bleibt selten lange symptomlos oder ist verbunden mit rasch einsetzenden progressiven Symptomen wie Bluthusten, Luftnot, Urämie (Nierenvergiftung). Es ist die erste Erkrankung, bei der die Auslöser in Form spezieller Auto-Anti-GBM-Antikörper (Antibasalmembran-Antikörper) gefunden wurde und bei der ausschließlich eine sofortige großvolumige Plasmapherese (Plasmaaustausch) oder besser akute Immunapherese mit 95%iger Antikörper-Elimination in 5 Stunden zur Rettung der Nierenfunktion oder auch des Lebens führt.

Der Plasmaaustauch muss oft sogar noch vor einer endgültigen Diagnosestellung und-Sicherung erfolgen. Glücklicherweise kehrt diese akut schwerste nephrologische Erkrankung – einmal überstanden – kaum jemals wieder.

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